Jürgen A., 54

Am Tage des Umzugs in eine TWG:

Ich war unzufrieden mit meinem Leben; ich wollte raus aus der Illegalität, war viel mit Drogen unterwegs. Ich habe lange gebraucht, um Hilfe in Anspruch zu nehmen, aber ich wollte etwas verändern. Ich bin jetzt jugendliche 54, und da geht sicher noch was. Ich wollte nicht mehr auf der Stelle treten oder rückwärts, ich wollt nach vorne. Dafür habe ich Hilfe gebraucht, und die habe ich hier gekriegt.

Hier hat sich meine Einstellung zum Leben geändert; ich bin persönlich ruhiger geworden; die Einstellung zu meinem Gegenüber hat sich auch geändert, ich war früher vielmehr für mich; jetzt komme ich auch mit anderen Leuten klar, mit denen ich vorher nie Kontakt gehabt hätte; ich konnte mich entwickeln, konnte mich austesten. Es ist wichtig, dass man die Hinweise dazu bekommt; vieles hat man schon, aber man weiß es gar nicht. Man schaut nicht so genau in sich rein, und da sind die Hinweise hilfreich. Und in den Gruppen konnte ich auch mal zuschauen bei den anderen, da hatte man dann eine Baustelle und konnte sich damit befassen. Da bin ich aufgefangen worden, wenn’s manchmal schwierig war. Wenn ich mir das angeschaut und drüber gesprochen habe, dann ist das meistens positiv für mich ausgegangen. Es war nicht immer einfach, weil ich es mir selbst schwer gemacht habe.

Heimbeirat, ja, das habe ich sehr gern gemacht, weil ich für die anderen Bewohner da war. Ich konnte üben, vor anderen Leuten zu sprechen und mich für andere einzusetzen. Ja, das war eine sehr gute Aufgabe, das habe ich sehr gern gemacht. Ich habe auch Diplomatie gelernt; zu vermitteln, mich auszutauschen mit Hilfe von der Leitung, das war sehr gut.

Was den Weg betrifft, der vor mir liegt, da bin ich sehr zuversichtlich. Das Werkzeug, was ich hier mitbekommen habe, kann ich weiterhin gebrauchen. Ich möchte eine Ausbildung zum Genesungsbegleiter machen; ich habe den Lehrgang bekommen. Dann bin ich tätig in einer Selbsthilfegruppe, da werde ich den Suchtkrankenhelfer machen. Ich möchte meine Erfahrungen gern weitergeben. Durch den Aufenthalt hier kann ich den Führerschein auch wieder machen. Das Handwerkliche könnte ich zwar, aber ich bin nicht sicher, wie lang das körperlich noch gut geht. Und ich möchte nicht wieder zurückfallen. Das wär mir fast passiert, als ich mich handwerklich ausgetestet hab. Ein Verhaltensrückfall war schon da, gottseidank kein Konsumrückfall, aber es hat nicht viel gefehlt.

Ich ziehe jetzt in eine TWG nach S.. Das ist mir wichtig, dass ich aus einem großen Haus nicht gleich wieder einsam irgendwo in der Bude hocke, sondern step by step. Das habe ich hier auch gelernt, dass man wirklich nach 30 Jahren Suchtverhalten kleinere Schritte geht. Deshalb möchte ich einen Zwischenschritt machen, um selbständiger zu leben, aber immer noch den Rückhalt zu haben, wenn ich unsicher bin oder Suchtdruck habe und einen Ansprechpartner brauche.

Ich weiss nicht, was in 4 Jahren ist. Aber so, wie ich mich jetzt hier verabschiede, so zuversichtlich und guter Dinge: ich habe hier neuen Lebensmut und neue Lebensfreude kennengelernt, und so wird das auch weitergehen. Aufgeben ist keine Option, das war’s bis jetzt nicht, und das wird’s auch dann nicht sein. Ich bin jetzt 3 Jahre trocken, und in 4 Jahren sind es 7.

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